Vereine und NGO


Vereine an die Kandare?

Das Innenministerium hat einen Entwurf für ein neues Vereinsgesetz vorgelegt. Wieder einmal. Ziel des Entwurfes ist unter anderem die Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Das scheint mir nicht geglückt. Ich werde nur einige Webfehler aufgreifen.

So lautet § 1 des Vereinsgesetzes derzeit : "Vereine sind nach Maßgabe dieses Gesetzes gestattet." Die "verbesserte, moderne und schlanke Fassung" des Entwurfes benötigt 6 Absätze, von denen einer 5 Unterpunkte aufweist und ein anderer immerhin auf "die Bestimmungen des Gebührengesetzes 1957, BGBl.Nr. 267 und der Bundesverwaltungsabgabenordnung 1983, BGBl.Nr. 24 in der jeweils geltenden Fassung" verweist. Ich halte die derzeitige Fassung für einfacher.

Auch nach dem neuen Entwurf soll der Innenminister zuständig sein. Damit soll ein Provisorium aus vorrepublikanischen Zeiten verlängert werden. Vereine sind Körperschaften. Sie ressortieren daher - ebenso wie die anderen Körperschaften - zum Justizministerium. Vereinsangelegenheiten betreffen "Civil Rights". Diese gehören aber nach Menschenrechtskonvention vor unabhängigen Gerichte. Ein Übergang der Zuständigkeit wäre für Vereine und für die Verwaltung vorteilhaft. Die entsprechenden Posten im Firmenbuch, bei den Gerichten und im Justizministerium sind bereits vorhanden, die Regeln über die Entstehung von Körperschaften, deren Eintragung, deren Auflösung und Abwicklung sind bereits erlassen und überdies gibt es auch bereits Rechtsprechung der Gerichte zu diesen Fragen. Vereinsreform durch Übergang der Zuständigkeit wäre wohl die kostengünstigste Variante. Schwer vorstellbar, dass man das in Österreich machen wird.

Neu geschaffen wurde im Entwurf die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaften sowie der Bundespolizeibehörden. Sollte das Gesetz in Kraft treten, werden die Vereine sich wohl einige Zeit mit Beamten herumschlagen müssen, welche die entsprechende neue Dienstverordnung (noch) nicht kennen, (noch) keine Anweisungen erhalten haben, oder denen schlicht die Mittel zur Durchführung ihrer Arbeit fehlen.

Bedenklich ist der Entwurf in datenschutzrechtlicher Hinsicht. So erteilt sich die Vereinsbehörde - das ist die Bezirkshauptmannschaft bzw. Bundespolizeibehörde - die Ermächtigung, automationsunterstützte Datenverarbeitung einzusetzen. Diese Daten dürfen sogar im Rahmen einer zentralen Informationssammlung verarbeitet werden. Der Behörde gesetzte Schranken sind im Entwurf nicht ersichtlich.

Als bedauerlich sehe ich auch an, dass der neue Entwurf die Vereine noch immer als Sicherheitsrisiko und Problem der inneren Sicherheit betrachtet, indem er sie dem Innenministerium zuordnet und der Behördenaufsicht unterstellt.

Dieses Misstrauen gegenüber Vereinen geht soweit, dass auch der neue Vereinsentwurf hinsichtlich der Organbesetzung den Vereinen Bürden auflastet, die GmbHs nicht aufgehalst werden. So muss das Organ eines Vereines aus mindestens 2 Personen bestehen. Es ist mir nicht ersichtlich, warum ein Einzelgeschäftsführer einer GmbH zulässig sein soll, jeder aber noch so kleine Verein zumindest 2 Personen im Leitungsorgan haben muss. Bei einem Spendenvolumen von mehr als EUR 200.000,- oder einer Bilanzsumme von mehr als EUR 1.000.000,- ist überdies ein kollegiales Aufsichtsorgan einzurichten. Auch das ist bei einer GmbH nicht nötig. Die Kosten die dadurch den Vereinen aufgebürdet werden, wiegen weit mehr als die im Entwurf vorgesehenen Streichungen von Stempelgebühren und Vorlage von Kopien bei der Anmeldung.

Der Grundsatz des Misstrauens zeigt sich besonders ausgeprägt in der Bestimmung über die Rechnungslegung und Rechnungsprüfung der Vereine. Die derzeitig gültige Fassung des § 13, kommt mit 5 Zeilen aus. Im Vorliegenden Entwurf werden die Vorschriften um insgesamt 5 Absätze erweitert, sodass die Bestimmung im Entwurf eine ganze Seite fasst.

Bedeutsam ist dabei, dass das Vereinsgesetz bei Vereinen, die ein Spendenvolumen von mehr als EUR 200.000,- oder eine Bilanzsumme von mehr als EUR 1.000.000,- haben, zur Bilanzierung zwingt. Das bedeutet, dass es den Vereinen - anders als zB Einzelunternehmen - nicht mehr freisteht, die Art der Rechnungslegung frei zu wählen. Das kann nachteilig sein. Überdies müssen diese Vereine ein kollegiales Aufsichtsorgan einrichten. Auch das wird wohl weder die Bürokratie der Vereine senken, noch zur Senkung der Aufwände bei den Vereinen beitragen können. Hat die Bilanzsumme EUR 1.000.000,- oder die Spendensumme EUR 200.000,- in einem Jahr überschritten, so sind in den darauffolgenden beiden Jahren die Vorschriften über die notwendige Bilanzierung und das notwendige Kollegialorgan zu erfüllen. Das bedeutet, dass eine hohe Einzelspende oder einzelne Erbschaft den Verein in eine äußerst ungünstige finanzielle Situation bringen kann, weil er einerseits die Rechnungslegungsart wechseln muss und andererseits über 2 Jahre ein Leitungsorgan einrichten und aufrechterhalten muss, welches unter Umständen gar nicht zweckmäßig ist.

Die Betrachtung der Vereine als Sicherheitsrisiko und Problem der inneren Sicherheit zeigt sich insbesondere bei Bestimmungen über die Auflösung der Vereine. Bedenklich ist hier insbesondere, dass die Vereinsbehörde, aber auch jede andere Behörde, die für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit zu sorgen hat, berechtigt ist, die Tätigkeit eines Vereines sofort einzustellen. Gegen einen solchen Bescheid ist kein abgesondertes Rechtsmittel zulässig. Ich glaube nicht, dass diese Anordnung zu einer Vergrößerung der Vereinsfreiheit und der Meinungsfreiheit führen wird. Nachdem es kein Rechtsmittel gegen diese Einstellung gibt, kann allfälliges Behördenfehlverhalten oder Behördenirrtum nicht korrigiert werden. Der Entwurf sieht keine Frist vor, innerhalb der die Behörde einen Bescheid auszustellen hat, der bekämpft werden kann.

Die Liquidation des aufgelösten Vereines wird von der Bezirksverwaltungs- und Bundespolizeibehörde durchgeführt. Nachdem diese Behörden über gar keine Erfahrung im Liquidationsverfahren verfügen, ist zu befürchten, dass es zu einer Verschleuderung von Vereinsvermögen kommen kann. Dabei kann zwar die Vereinsbehörde einen Liquidator bestellen. Dieser ist aber an die Weisungen der Behörde gebunden. Die Behörde hat auch eine Gläubigerkonvokation durchzuführen.

All das sind Tätigkeiten, welche von den Gerichten durchzuführen sind, die auch entsprechendes Sachwissen und Erfahrung in diesen Bereichen verfügen. Wäre es da nicht besser, die Vereine dorthin zu geben, wo sie hingehören, nämlich zu den ordentlichen Gerichten und nicht zur Polizei?

Anwaltskanzlei Unterweger, Buchfeldgasse 19a, A-1080 Wien, www.unterweger.co.at